Zusatzschilder zu NS-belasteten Straßennamen


Am 25. April 2018 hatte eine Mehrheit des Stadtrates eine Umbenennung historisch belasteter Straßennamen abgelehnt. Der Beschluss lautete:  „Der Stadtrat beschließt, die Straßennamen zu belassen und im Sinne einer historischen Einordnung mit einem erläuternden Medium über die positiven und negativen Eigenschaften der Person zu versehen. Die Verwaltung wird beauftragt, hierzu Textvorschläge auszuarbeiten, die dem Kultur- und Werkausschuss sowie dem Stadtrat zur Entscheidung vorgelegt werden.“

In Bezug auf positive und negative Eigenschaften bzw. den jeweiligen Lebenslauf der Person hat der Arbeitskreis Straßennamen Texte erarbeitet und durch Beschluss des Kultur- und Werkausschusses am 20. März 2019 entsprechend ergänzt bzw. korrigiert.

Der Stadtrat hat in seiner Sitzung am 30. April 2019 mehrheitlich beschlossen an der Hindenburg-, der Wernher-von-Braun- und der Langbehnstraße entsprechende Hinweistafeln anzubringen.

Die Tafeln wurden im Oktober 2019 an die Straßenschilder der Wernher-von-Braun- und der Hindenburgstraße angebracht. Die Zusatzschilder zur Langbehnstraße in Puch stehen noch aus. Diese werden im Zuge der Umgestaltung im Rahmen der Dorferneuerung umgesetzt. Die Texte lauten folgendermaßen:

Wernher von Braun (1912 – 1977)
Im 2. Weltkrieg war er technischer Direktor des V2-Raketenprogramms. In diesem Zusammenhang beteiligte er sich als SS-Sturmbannführer an der Aktion „Vernichtung durch Arbeit“ im KZ-Außenlager „Dora-Mittelbau“, was den Tod Tausender Zwangsarbeiter zur Folge hatte. Nach dem 2. Weltkrieg war er leitender Mitarbeiter der US-Raumfahrtbehörde NASA, Weltraumpionier und Wegbereiter der Mondrakete „Saturn V“. Die frühere Kaiser-Ludwig-Straße wurde 1978 anlässlich der Eingemeindung von Puch in Wernher-von-Braun-Straße umbenannt. In den Jahren 2014-19 beriet der Fürstenfeldbrucker Stadtrat über eine erneute Umbenennung diese Straße und beschloss mehrheitlich die Beibehaltung des Namens und diese Informationstafel.

 

Paul von Hindenburg (1847 – 1934)
Hindenburg wurde im 1. Weltkrieg als „Sieger von Tannenberg“ (Ostpreußen 1914) gefeiert und zum Generalfeldmarschall ernannt. Als Chef der Obersten Heeresleitung  leugnete er die aussichtslose Lage des deutschen Heeres ab 1916/17 und wurde dadurch mitverantwortlich für den Tod von Millionen Soldaten, Mit der „Dolch-stoßlegende“, die fälschlicher Weise aussagte, das deutsche Heer sei „im Felde unbesiegt“ und durch politische Friedensinitiativen „von hinten erdolcht“ worden, begünstigte er die Entstehung des Rechtsradikalismus in der Weimarer Republik. 1925 wurde Hindenburg als Nachfolger des Reichspräsidenten Friedrich Ebert zum 2. Reichspräsidenten der Weimarer Republik gewählt. Er galt Bürgern unterschiedlicher politischer Haltung als Garant der Stabilität in unruhigen Zeiten. Nach mehrfachen Regierungswechseln ernannte er am 30. Januar 1933 Adolf Hitler zum Reichskanzler. Mit der Unterzeichnung der „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ ebnete Hindenburg am 28.02.1933 den Weg in die nationalsozialistische Diktatur. Die Teil-nahme Hindenburgs an dem - von den Nationalsozialisten inszenierten – „Tag von Potsdam“ zur Reichstagseröffnung am 21.03.1933 steigerte das Ansehen der Regie-rung Hitlers. Die Straßenbenennung erfolgte am 23.09.1932. In den Jahren 2014-2019 beriet der Stadtrat Fürstenfeldbruck die Umbenennung dieser Straße und beschloss mehrheitlich die Beibehaltung des Namens und diese Informationstafel.

 

Julius August Langbehn (1851 – 1907)
Auf eigenen Wunsch wurde Julius Langbehn in Puch bei der Linde der Edigna, die er verehrte, begraben.
Er ist Verfasser des Werks „Rembrandt als Erzieher“ (1890). Langbehn reiht sich damit in die Gruppe der völkisch-nationalen Autoren ein, die gegen die Moderne argumentierten. Verdächtig waren ihm Demokratie, Sozialismus und moderne Wissenschaftsströmungen wie der Positivismus.
Als Grundlage seines Weltbildes diente der Rassegedanke. In den Eigenschaften des „Niederdeutschen“, wozu für ihn Shakespeare (!), Rembrandt und Bismarck zählten, sah er das Vorbild für die deutsche Kultur. Von Auflage zu Auflage nahm die antisemitische Haltung zu.
Entsprechend seinen Grundthesen nahmen die Nationalsozialisten das Gedankengut des „Rembrandtdeutschen“ für die völkische Bewegung in Anspruch.
Seine Wirkung reichte bis in die Bundesrepublik. Nicht zuletzt die Straßenbenennung in Puch im Jahre 1969 dokumentiert die mangelnde Distanz zu völkisch-nationalem Gedankengut. In den Jahren 2014-2019 beriet der Stadtrat Fürstenfeldbruck die Umbenennung dieser Straße und beschloss mehrheitlich die Beibehaltung des Namens und diese Informationstafel.

 

Zudem wurde am 30. April 2019 beschlossen, dass für die Straßenschilder am Fliegerhorst je Straße ein Zusatzschild mit folgendem Text und ohne weitere personenbezogene Angaben angebracht wird: „Die Benennung der Straßen in diesem Gebiet nach Luftwaffenoffizieren des Zweiten Weltkrieges erfolgte 1962 und entsprach dem damaligen Traditionsverständnis in Gesellschaft und Bundeswehr. Sie ist heute umstritten.“

Die betreffenden nach Josef Ederer (1919 – 1958), Arthur Eschenauer (1906 – 1953), Sigmund Freiherr von Gravenreuth (1905 – 1944), Josef Priller (1915 – 1961), Emil Zenetti (1883 – 1945) und Günther Lützow (1912 – 1945) benannten Straßen erhielten im August 2019 die Zusatztafeln.



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Stand: 03/28/2024
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